Ordentliche vs. außerordentliche Kündigung: Der entscheidende Unterschied einfach erklärtv

Ordentliche vs. außerordentliche Kündigung: Der entscheidende Unterschied einfach erklärtv

Redaktion

Kündigung

Hinweis: Die auf dieser Website bereitgestellten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar. Die Informationen sind allgemeiner Natur und dienen ausschließlich zu Informationszwecken.

Ein Kündigungsschreiben im Briefkasten. Das Herz rutscht in die Hose, der Kopf ist voller Fragen. Ist das jetzt fristlos? Welche Rechte habe ich? Diese Unsicherheit ist lähmend. Viele stehen vor der Herausforderung, die juristischen Begriffe korrekt zu deuten und fragen sich, worin der genaue Unterschied zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung besteht.

Dieser Artikel ist Ihr persönlicher Kompass. Wir führen Sie Schritt für Schritt durch die Definitionen, erklären die entscheidenden Unterschiede und geben Ihnen das Rüstzeug an die Hand, um Ihre Situation klar einzuschätzen und handlungsfähig zu werden.

Am Ende dieser Lektüre werden Sie nicht nur die Theorie verstanden haben, sondern sich auch sicherer fühlen.

Das Wichtigste in Kürze
  • Ordentliche Kündigung: Der Regelfall. Sie beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Frist.
  • Außerordentliche Kündigung: Der Ausnahmefall. Sie beendet das Arbeitsverhältnis meist fristlos und benötigt einen „wichtigen Grund“.
  • Die Frist: Der fundamentalste Unterschied. Die ordentliche Kündigung ist fristgebunden, die außerordentliche ist es in der Regel nicht.
  • Der Grund: Für eine außerordentliche Kündigung muss die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sein. Bei der ordentlichen Kündigung sind die Hürden (sofern das Kündigungsschutzgesetz greift) niedriger.
  • Formvorschrift: Jede Kündigung, egal welcher Art, muss immer schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Eine E-Mail oder eine mündliche Aussage reicht nicht aus.

Die ordentliche Kündigung: Der geplante Abschied

Stellen Sie sich die ordentliche Kündigung wie eine geplante, angekündigte Reise vor. Man weiß, wann sie beginnt und wann sie endet. Sie ist die Standardprozedur, um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu beenden – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber.

Der entscheidende Faktor hierbei ist die Kündigungsfrist.

Diese Frist gibt beiden Seiten Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Der Arbeitnehmer kann sich nach einer neuen Stelle umsehen, und der Arbeitgeber kann die Nachfolge regeln. Doch wie lang ist diese Frist?

Gesetz, Vertrag, Tarif: Wer gibt den Takt vor?

Die Länge der Kündigungsfrist ist nicht willkürlich. Sie wird durch eine klare Hierarchie von Regelungen bestimmt:

  1. Gesetzliche Regelung (§ 622 BGB): Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gibt die Mindeststandards vor. Die Grundkündigungsfrist beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.
  2. Arbeitsvertrag: Ihr individueller Arbeitsvertrag kann längere Fristen vorsehen – kürzere jedoch nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen, etwa bei Aushilfstätigkeiten.
  3. Tarifvertrag: Ist auf Ihr Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag anwendbar, können dessen Regelungen von den gesetzlichen Fristen abweichen – sie können sowohl länger als auch kürzer sein.

Für den Arbeitgeber verlängern sich die gesetzlichen Fristen automatisch, je länger der Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt ist. Nach einer Betriebszugehörigkeit von 20 Jahren beträgt die Kündigungsfrist beispielsweise sieben Monate zum Monatsende. Das ist ein Zeichen der Anerkennung für langjährige Treue.

Braucht man immer einen Grund?

Das kommt darauf an. Fällt das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)?

Dieses Gesetz greift, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Der Arbeitnehmer ist länger als sechs Monate im Unternehmen beschäftigt UND der Betrieb hat in der Regel mehr als zehn Vollzeitmitarbeiter.

Ist das der Fall, benötigt der Arbeitgeber einen sozial gerechtfertigten Grund. Man unterscheidet hier drei Kategorien: personenbedingt (z.B. langanhaltende Krankheit), verhaltensbedingt (z.B. wiederholtes Zuspätkommen nach Abmahnung) oder betriebsbedingt (z.B. Schließung einer Abteilung).

In Kleinbetrieben oder innerhalb der ersten sechs Monate (Probezeit) ist eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber auch ohne die Angabe solcher Gründe möglich.

Ergänzendes Wissen

Die Probezeit ist ein Sonderfall. Innerhalb einer vereinbarten Probezeit, die maximal sechs Monate dauern darf, kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer verkürzten Frist von nur zwei Wochen gekündigt werden.

Die außerordentliche Kündigung: Der abrupte Bruch

Wenn die ordentliche Kündigung die geplante Reise ist, dann ist die außerordentliche Kündigung der Notausstieg. Sie ist die schärfste Waffe im Arbeitsrecht und beendet das Verhältnis in der Regel sofort – fristlos.

Doch ein solch drastischer Schritt ist nicht ohne Weiteres möglich. Das Gesetz setzt hier extrem hohe Hürden an.

Der Dreh- und Angelpunkt ist der sogenannte wichtige Grund nach § 626 BGB.

Ein solcher Grund liegt nur dann vor, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist absolut unzumutbar ist. Es muss also etwas so Gravierendes vorgefallen sein, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig und irreparabel zerstört ist.

Was ist ein „wichtiger Grund“?

Die Gerichte legen hier strenge Maßstäbe an. Es geht nicht um Kleinigkeiten. Typische Beispiele für einen wichtigen Grund, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, sind vielfältig.

Straftaten am Arbeitsplatz: Hierzu zählen Delikte wie Diebstahl, Betrug oder die Unterschlagung von Firmeneigentum.

Grobe Pflichtverletzungen: Dazu gehören grobe Beleidigungen oder Tätlichkeiten gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen.

Vertrauensbruch: Auch die hartnäckige Arbeitsverweigerung oder das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit zerstört das Vertrauen.

Schweres Fehlverhalten: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder systematisches Mobbing sind ebenfalls Kündigungsgründe.

Verrat von Geheimnissen: Die Weitergabe von sensiblen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an Dritte ist ein schwerwiegender Verstoß.

Man kann es mit einer roten Karte im Fußball vergleichen: Sie wird nur bei einem wirklich schweren Foulspiel gezückt.

Die Zwei-Wochen-Frist: Ein tickender Countdown

Selbst wenn ein wichtiger Grund vorliegt, kann die außerordentliche Kündigung nicht ewig ausgesprochen werden. Das Gesetz schreibt in § 626 Abs. 2 BGB eine strikte Frist vor: Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigungsberechtigte von dem entscheidenden Vorfall erfahren hat.

Verpasst der Arbeitgeber diese Frist, kann er nur noch ordentlich kündigen.

Diese Regelung soll für schnelle Klarheit sorgen und verhindern, dass ein Kündigungsgrund „auf Vorrat“ gehalten wird.

Ergänzendes Wissen

Vor einer verhaltensbedingten Kündigung – egal ob ordentlich oder außerordentlich – ist in den meisten Fällen eine vorherige Abmahnung erforderlich. Sie dient als Warnschuss und gibt dem Arbeitnehmer die Chance, sein Verhalten zu korrigieren.

Der direkte Vergleich: Die Unterschiede auf einen Blick

Um die Kernunterschiede zu verinnerlichen, hilft eine direkte Gegenüberstellung. Sie macht die Kontraste zwischen den beiden Kündigungsarten unmissverständlich klar.

MerkmalOrdentliche KündigungAußerordentliche Kündigung
ZielGeplante Beendigung des ArbeitsverhältnissesSofortige Beendigung aus einem schwerwiegenden Anlass
FristEinhaltung einer gesetzlichen, vertraglichen oder tariflichen Frist ist zwingendIn der Regel fristlos, keine Fristeinhaltung nötig
GrundIm Geltungsbereich des KSchG sozial gerechtfertigter Grund nötig (betriebs-, personen-, verhaltensbedingt)Immer ein „wichtiger Grund“ nach § 626 BGB erforderlich, der die Fortsetzung unzumutbar macht
Anhörung BetriebsratDer Betriebsrat hat eine Woche Zeit für seine StellungnahmeDer Betriebsrat hat nur drei Tage Zeit für seine Stellungnahme
HäufigkeitDer RegelfallDer absolute Ausnahmefall

Gemeinsamkeiten: Was immer gilt

Trotz aller Unterschiede gibt es fundamentale Regeln, die für beide Kündigungsarten gelten und die Sie unbedingt kennen sollten.

Die wichtigste ist die Schriftform. Nach § 623 BGB muss jede Kündigung auf Papier erfolgen und handschriftlich unterschrieben sein. Eine Kündigung per E-Mail, SMS, WhatsApp oder gar mündlich ist rechtlich unwirksam. Sie existiert quasi nicht.

Zudem haben Sie als Arbeitnehmer immer das Recht, sich gegen eine Kündigung zu wehren. Wenn Sie die Kündigung für ungerechtfertigt halten, können Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Schreibens eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Diese Frist ist extrem wichtig – wird sie versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft war.

Fazit: Wissen ist Ihr stärkster Verbündeter

Sie haben die Reise geschafft. Aus der anfänglichen Unsicherheit ist hoffentlich Klarheit geworden. Der Unterschied zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung liegt im Kern in zwei Aspekten: der Einhaltung einer Frist und der Schwere des Kündigungsgrundes. Die ordentliche Kündigung ist der planbare, fristgebundene Weg, während die außerordentliche Kündigung der abrupte, fristlose Notausstieg für extreme Situationen ist. Beide unterliegen strengen formalen Anforderungen, wie der Schriftform, die Ihnen als Arbeitnehmer Schutz bieten. Mit diesem Wissen sind Sie nicht mehr nur passiver Empfänger eines Schreibens, sondern ein informierter Akteur, der seine Rechte kennt und seine nächsten Schritte bewusst planen kann.

Häufig gestellte Fragen

Muss in meinem Kündigungsschreiben ein Grund stehen?

Nein, in der Regel nicht. Bei einer ordentlichen Kündigung muss der Grund nicht im Schreiben selbst genannt werden, der Arbeitgeber muss ihn aber im Falle einer Kündigungsschutzklage vor Gericht darlegen können. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss der Grund auf Ihr Verlangen hin unverzüglich schriftlich mitgeteilt werden.

Was passiert, wenn mein Arbeitgeber die Kündigungsfrist nicht einhält?

Hält der Arbeitgeber die korrekte Frist nicht ein, ist die Kündigung zwar nicht automatisch komplett unwirksam, sie kann aber durch eine Klage angegriffen werden. Oft wird sie dann vom Gericht in eine Kündigung zum nächstmöglichen korrekten Zeitpunkt umgedeutet.

Kann ich auch als Arbeitnehmer außerordentlich kündigen?

Ja, absolut. Auch Arbeitnehmer können fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein klassisches Beispiel ist die wiederholt ausbleibende oder stark verspätete Lohnzahlung durch den Arbeitgeber.

Gilt der Kündigungsschutz auch für die außerordentliche Kündigung?

Ja und Nein. Der allgemeine Kündigungsschutz des KSchG (mit den sozialen Rechtfertigungsgründen) greift hier nicht. Aber der besondere Kündigungsschutz, z.B. für Schwangere, Betriebsratsmitglieder oder Schwerbehinderte, muss auch bei einer außerordentlichen Kündigung beachtet werden, was oft die Zustimmung einer Behörde erfordert.

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