Wann kann mein Arbeitgeber mir kündigen? 5 klassische Szenarien

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Zfbt-Redaktion

Hinweis: Die auf dieser Website bereitgestellten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar. Die Informationen sind allgemeiner Natur und dienen ausschließlich zu Informationszwecken.

Die Kündigung ist oft ein Schock. Viele Arbeitnehmer fürchten den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Die Unsicherheit ist groß: Darf mein Chef das überhaupt?

Die gute Nachricht: In Deutschland sind Sie als Arbeitnehmer gut geschützt.

Das deutsche Arbeitsrecht setzt hohe Hürden für eine Kündigung. Ein Arbeitgeber kann Ihnen nicht einfach grundlos kündigen.

Wir zeigen Ihnen, wann Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigen kann. Dieser Artikel erklärt die 5 klassischen Szenarien, die Sie kennen müssen.

Das Wichtigste in Kürze
  • In der Probezeit (meist 6 Monate) gilt kein Kündigungsschutz; eine Kündigung ist ohne Grund möglich.
  • Nach der Probezeit greift meist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bei mehr als 10 Mitarbeitern.
  • Eine verhaltensbedingte Kündigung erfordert fast immer eine vorherige, einschlägige Abmahnung.
  • Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen (z.B. negative Prognose) wirksam.
  • Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber eine korrekte Sozialauswahl durchführen.

Der Kündigungsschutz: Wann sind Sie geschützt?

Der stärkste Schutz für Arbeitnehmer ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Dieses Gesetz greift, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind:

  1. Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate (Wartezeit).
  2. Der Betrieb beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter.

Sind diese Punkte erfüllt, braucht der Arbeitgeber einen triftigen Grund für die Kündigung. Man spricht von einer „sozial gerechtfertigten“ Kündigung.

Fehlt dieser Grund, ist die Kündigung unwirksam. Genau dieser Aspekt ist entscheidend bei der Prüfung einer Kündigung vor dem Arbeitsgericht.

Für Kleinbetriebe (bis 10 Mitarbeiter) gilt dieser starke Schutz nicht.

Szenario 1: Die Kündigung in der Probezeit

Die Probezeit ist die häufigste Ausnahme vom Kündigungsschutz.

Sie dauert maximal sechs Monate. In dieser Zeit gilt die sogenannte Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes.

Was bedeutet das für Sie?

Ihr Arbeitgeber kann Ihnen in der Probezeit ohne Angabe von Gründen kündigen. Er muss keine sozialen oder betrieblichen Aspekte berücksichtigen.

Die Kündigungsfrist ist stark verkürzt. Sie beträgt laut Gesetz nur zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB). Diese Frist kann im Arbeitsvertrag abweichend geregelt sein, aber oft bleibt es bei 14 Tagen.

Nur in seltenen Fällen ist eine Kündigung in der Probezeit unwirksam. Das gilt etwa bei Diskriminierung (z.B. wegen Schwangerschaft) oder wenn die Kündigung „sittenwidrig“ ist.

Szenario 2: Die verhaltensbedingte Kündigung (Das Fehlverhalten)

Hier liegt der Grund in Ihrem Verhalten. Sie haben gegen Pflichten aus Ihrem Arbeitsvertrag verstoßen.

Wann kann mein Arbeitgeber mir kündigen?

Nicht bei jeder Kleinigkeit. Das Fehlverhalten muss erheblich sein.

Typische Beispiele für Pflichtverstöße sind:

  • Wiederholte Unpünktlichkeit
  • Arbeitsverweigerung
  • Private Nutzung des Internets trotz klaren Verbots
  • Beleidigungen von Kollegen oder Vorgesetzten
  • Ankündigung einer Krankheit („Krankfeiern“)

Die Abmahnung (Die „Gelbe Karte“)

Das Wichtigste zuerst: Einer verhaltensbedingten Kündigung muss fast immer eine Abmahnung vorausgehen.

Der Arbeitgeber muss Sie zunächst warnen. Er gibt Ihnen die „Gelbe Karte“.

Eine Abmahnung muss drei Funktionen erfüllen:

  1. Sie muss das Fehlverhalten konkret benennen (Rügefunktion).
  2. Sie muss Sie auffordern, dieses Verhalten künftig zu unterlassen.
  3. Sie muss klar androhen, dass im Wiederholungsfall die Kündigung droht (Warnfunktion).

Nur wenn Sie dasselbe oder ein gleichartiges Fehlverhalten erneut zeigen, ist eine Kündigung gerechtfertigt.

Ergänzendes Wissen: Eine Kündigungsschutzklage müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht einreichen. Versäumen Sie diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft war.

Szenario 3: Die personenbedingte Kündigung (Meistens Krankheit)

Bei der personenbedingten Kündigung liegt der Grund in Ihrer Person. Sie können Ihre Arbeitsleistung nicht mehr erbringen, obwohl Sie vielleicht wollen.

Der häufigste Fall ist die Kündigung wegen Krankheit.

Die Hürden hierfür sind extrem hoch. Ihr Arbeitgeber kann Sie nicht einfach kündigen, nur weil Sie oft krank sind.

Kündigung wegen Krankheit: Die 3-Stufen-Prüfung

Gerichte prüfen drei Stufen sehr genau:

1. Negative Gesundheitsprognose Es muss objektiv feststehen, dass Sie auch in Zukunft in erheblichem Umfang krank sein werden. Vergangene Fehlzeiten sind nur ein Indiz.

2. Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen Die Fehlzeiten müssen den Betriebsablauf massiv stören. Oder sie müssen zu unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen führen (z.B. hohe Lohnfortzahlungskosten).

3. Interessenabwägung Zuletzt wird abgewogen. Das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung muss Ihr Interesse am Erhalt des Arbeitsplatzes überwiegen. Hier zählen Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten.

Eine Kündigung wegen Krankheit scheitert oft an der negativen Prognose.

Szenario 4: Die betriebsbedingte Kündigung (Der Job fällt weg)

Hier liegt der Grund weder bei Ihrem Verhalten noch in Ihrer Person. Der Grund liegt im Betrieb selbst.

Ihr Arbeitsplatz fällt weg.

Dies geschieht oft durch unternehmerische Entscheidungen.

Beispiele sind:

  • Schließung einer Abteilung oder eines Standorts
  • Umstrukturierung
  • Auftragsmangel
  • Einführung neuer Technologien (Automatisierung)

Dringende betriebliche Erfordernisse

Der Arbeitgeber muss beweisen, dass der Arbeitsplatz tatsächlich dauerhaft entfällt. Er muss auch prüfen, ob er Sie nicht an anderer Stelle im Unternehmen weiterbeschäftigen kann.

Gibt es eine freie, vergleichbare Stelle, muss er sie Ihnen anbieten.

Die Sozialauswahl (Das Kernstück)

Greift das Kündigungsschutzgesetz, darf der Arbeitgeber nicht frei wählen, wen er entlässt. Er muss die „Sozialauswahl“ durchführen.

Er muss alle vergleichbaren Mitarbeiter auflisten. Dann muss er prüfen, wer am wenigsten schutzbedürftig ist.

Die Kriterien für die Sozialauswahl sind:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Gesetzliche Unterhaltspflichten (z.B. für Kinder)
  • Schwerbehinderung

Wer jünger ist, kürzer dabei ist und keine Kinder hat, wird eher gekündigt als ein älterer, langjähriger Kollege mit Familie. Fehler bei der Sozialauswahl machen Kündigungen oft unwirksam.

Ergänzendes Wissen: Ein Aufhebungsvertrag ist eine Alternative zur Kündigung, bei der beide Seiten freiwillig das Arbeitsverhältnis beenden. Vorsicht: Dies kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen.

Kündigungsarten im Überblick

Diese Tabelle fasst die ordentlichen Kündigungsgründe (nach KSchG) zusammen.

KündigungsartGrundWichtige VoraussetzungBeispiel
VerhaltensbedingtStörung im Leistungs/VertrauensbereichMeist Abmahnung erforderlichDiebstahl, Arbeitsverweigerung
PersonenbedingtMangelnde Eignung/FähigkeitNegative Prognose, InteressenabwägungLangzeiterkrankung
BetriebsbedingtWegfall des ArbeitsplatzesDringende Erfordernisse, SozialauswahlStandortschließung

Szenario 5: Die fristlose (außerordentliche) Kündigung

Dies ist die „Rote Karte“. Sie ist das schärfste Schwert des Arbeitgebers.

Das Arbeitsverhältnis endet sofort. Nicht erst nach Ablauf einer Frist.

Dafür muss ein „wichtiger Grund“ vorliegen (§ 626 BGB).

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht einmal bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist zugemutet werden kann.

Die Hürden sind extrem hoch.

Was rechtfertigt eine fristlose Kündigung?

Es muss sich um schwerste Pflichtverstöße handeln. Dazu zählen:

  • Diebstahl oder Betrug zulasten des Arbeitgebers
  • Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen
  • Sexuelle Belästigung
  • Beharrliche Arbeitsverweigerung trotz Abmahnung
  • Verrat von Geschäftsgeheimnissen

Der Arbeitgeber muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen aussprechen, nachdem er von dem Grund erfahren hat.

Eine vorherige Abmahnung ist bei sehr schweren Verstößen (z.B. Diebstahl) nicht notwendig.

Fazit

Ihr Arbeitgeber kann Ihnen nicht grundlos kündigen, sobald der Kündigungsschutz greift. Die häufigsten Szenarien sind Kündigungen in der Probezeit, aus verhaltensbedingten, personenbedingten oder betriebsbedingten Gründen. Jede dieser Kündigungsarten ist an strenge rechtliche Voraussetzungen gebunden. Eine fristlose Kündigung ist nur bei massiven Verfehlungen möglich. Wenn Sie eine Kündigung erhalten, handeln Sie schnell und lassen Sie die Rechtmäßigkeit prüfen.

Häufig gestellte Fragen

Muss eine Kündigung immer schriftlich erfolgen?

Ja, eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Eine Kündigung per E-Mail, SMS, WhatsApp oder mündlich ist rechtlich unwirksam. Das Dokument muss vom Arbeitgeber (oder einem Bevollmächtigten) original unterschrieben sein. Eine eingescannte Unterschrift reicht nicht aus.

Was ist der Unterschied zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung?

Die ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist (gesetzlich oder vertraglich). Sie benötigt nach der Probezeit einen sozialen Grund (verhalten, person, betrieb). Die außerordentliche (fristlose) Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort, ohne Frist. Sie erfordert einen „wichtigen Grund“, der die Fortsetzung unzumutbar macht.

Habe ich immer Anspruch auf eine Abfindung?

Nein, es gibt keinen automatischen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Eine Abfindung wird meist in zwei Fällen gezahlt: Entweder bietet der Arbeitgeber sie freiwillig im Rahmen eines Aufhebungsvertrags an, um eine Klage zu vermeiden. Oder sie wird vor dem Arbeitsgericht in einem Vergleich ausgehandelt. Nur bei betriebsbedingten Kündigungen gibt es manchmal einen Anspruch (§ 1a KSchG), wenn der Arbeitgeber dies anbietet und Sie auf eine Klage verzichten.

Was tue ich, wenn ich eine Kündigung erhalten habe?

Handeln Sie sofort. Melden Sie sich umgehend bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend. Das Wichtigste: Sie haben nur drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Suchen Sie daher sofort einen Fachanwalt für Arbeitsrecht auf, um Ihre Chancen prüfen zu lassen und die Frist nicht zu versäumen.

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