Wissen Sie, wann Ihr Arbeitgeber Ihnen den Lohn im Krankheitsfall verweigern darf? Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitnehmerschutzes in Deutschland, doch es gibt Ausnahmen.
Deutsche Unternehmen geben jährlich fast 62 Milliarden Euro für Krankheitsfälle aus, was eine enorme finanzielle Belastung darstellt.
In diesem Artikel erfahren Sie, unter welchen Umständen Ihr Arbeitgeber nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist. Entdecken Sie die rechtlichen Grundlagen und lernen Sie, wie Sie Ihre Ansprüche sichern können.
- Selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit durch grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann zum Verlust der Lohnfortzahlung führen.
- Fehlende oder verspätete ärztliche Bescheinigungen gefährden den Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
- In den ersten vier Wochen eines neuen Arbeitsverhältnisses besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit.
- Teilnahme an gefährlichen Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko kann den Anspruch auf Lohnfortzahlung ausschließen.
- Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses, wie in Elternzeit oder unbezahltem Urlaub, entfällt die Lohnfortzahlungspflicht.
1. Selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit: Wann Ihre Ansprüche entfallen
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht für bis zu sechs Wochen, sofern das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen ununterbrochen bestand. Doch es gibt Ausnahmen, bei denen Sie keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben.
Eine selbstverschuldete Krankheit kann dazu führen, dass Ihr Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigert. Dies tritt ein, wenn Sie Ihre Arbeitsunfähigkeit durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt haben. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, das Verschulden nachzuweisen.
Beispiele für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn Sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht lassen. Vorsatz bedeutet, dass Sie die Folgen Ihres Handelns bewusst in Kauf nehmen. Hier einige Beispiele:
- Autounfälle durch grobe Verstöße gegen die Verkehrsordnung
- Verletzungen bei selbst provozierten körperlichen Auseinandersetzungen
- Unfälle infolge gefährlicher Nebentätigkeiten
- Sportverletzungen durch grob leichtsinniges Verhalten
Beachten Sie: Die Rechtsprechung entscheidet im Einzelfall, ob eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Bei Zweifeln an Ihrer Arbeitsunfähigkeit kann Ihr Arbeitgeber ein Gutachten des Medizinischen Dienstes anfordern. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Mitwirkungspflichten erfüllen, wie die rechtzeitige Vorlage ärztlicher Atteste.
2. Fehlende ärztliche Bescheinigung: Warum der Nachweis entscheidend ist
Bei Erkrankungen haben Arbeitnehmer eine wichtige Nachweispflicht zu erfüllen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dient als offizieller Nachweis und ist für die Lohnfortzahlung unerlässlich. Ohne dieses Dokument riskieren Sie den Verlust Ihres Anspruchs auf Entgeltfortzahlung.
Fristen und Pflichten für Arbeitnehmer
Als Arbeitnehmer müssen Sie Ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich dem Arbeitgeber mitteilen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist spätestens am dritten Krankheitstag vorzulegen. Beachten Sie: Ihr Arbeitgeber kann diesen Nachweis auch früher anfordern.
Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfolgt durch den Arbeitgeber für bis zu sechs Wochen oder 42 Kalendertage. Bei Nichteinhaltung der Fristen kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern, bis Sie die geforderten Nachweise erbringen.
Frist | Pflicht des Arbeitnehmers |
---|---|
Sofort | Meldung der Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitgeber |
Spätestens am 3. Tag | Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung |
Nach Aufforderung | Frühere Vorlage der Bescheinigung möglich |
Die Nachweispflicht gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich Teilzeitbeschäftigte, geringfügig Beschäftigte und Heimarbeiter. Freie Mitarbeiter oder Selbstständige sind von dieser Regelung ausgenommen.
Beachten Sie: Der Arbeitgeber kann die Entgeltfortzahlung zurückhalten, wenn er begründete Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit hat. Daher ist es wichtig, die Fristen einzuhalten und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig einzureichen.
3. Arbeitsunfähigkeit während der ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses
Ein neues Arbeitsverhältnis bringt oft viele Fragen mit sich, besonders wenn es um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geht. In den ersten vier Wochen gelten besondere Regelungen, die Sie kennen sollten.
Wartezeit für neue Mitarbeiter
Wenn Sie ein neues Arbeitsverhältnis beginnen, müssen Sie eine Wartezeit von vier Wochen überbrücken. In dieser Zeit haben Sie keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob Sie in Vollzeit, Teilzeit oder als Minijobber arbeiten.
Nach Ablauf der vierwöchigen Frist ändert sich die Situation. Ab der fünften Woche zahlt Ihr Arbeitgeber im Krankheitsfall Ihr Entgelt für bis zu sechs Wochen fort. Dies gilt auch, wenn Ihre Arbeitsunfähigkeit bereits in den ersten vier Wochen begonnen hat und darüber hinaus andauert.
Besonderheiten bei erneutem Arbeitsverhältnis
Beginnen Sie ein neues Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber, startet grundsätzlich eine neue Wartezeit. Eine Ausnahme besteht, wenn von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis gesprochen werden kann. In diesem Fall entfällt die erneute Wartezeit.
Zeitraum | Anspruch auf Lohnfortzahlung |
---|---|
Erste 4 Wochen (Probezeit) | Kein Anspruch |
Ab 5. Woche | Bis zu 6 Wochen |
Bei erneutem Arbeitsverhältnis | Neue Wartezeit, außer bei einheitlichem Arbeitsverhältnis |
Beachten Sie, dass diese Regelungen nur für Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit gelten. Eine Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn Sie objektiv nicht in der Lage sind, Ihre Arbeit zu verrichten oder wenn die Arbeit Ihren Zustand verschlimmern würde.
4. Teilnahme an besonders gefährlichen Sportarten: Risiken für die Lohnfortzahlung
Bei Freizeitaktivitäten und Extremsportarten müssen Sie vorsichtig sein. Ihr Anspruch auf Lohnfortzahlung kann gefährdet sein, wenn Sie sich bei risikoreichen Sportarten verletzen. Das Entgeltfortzahlungsgesetz sieht vor, dass Arbeitnehmer bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung erhalten.
Allerdings gibt es Ausnahmen. Wenn Sie die Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich selbst verursachen, entfällt Ihr Anspruch. Dies kann bei der Ausübung besonders gefährlicher Sportarten der Fall sein.
Welche Sportarten als gefährlich gelten
Die Rechtsprechung ist zurückhaltend bei der Einstufung von Sportarten als gefährlich. Ein hohes Unfallrisiko allein reicht nicht aus. Vielmehr muss das Verletzungsrisiko so groß sein, dass selbst gut trainierte Sportler es nicht vermeiden können.
Bisher wurde nur Kickboxen als eindeutig gefährliche Sportart eingestuft. Andere Extremsportarten wie Moto-Cross-Rennen, Amateurboxen oder Drachenfliegen gelten nicht automatisch als zu riskant.
Entscheidend ist oft nicht die Sportart an sich, sondern Ihr individuelles Verhalten. Wenn Sie Ihre Fähigkeiten überschätzen oder grob gegen Regeln verstoßen, kann das als fahrlässig gewertet werden. Ein Amateur-Fußballspiel gilt beispielsweise als übliche sportliche Betätigung und führt in der Regel nicht zum Verlust der Lohnfortzahlung.
Im Streitfall müssen Sie als Arbeitnehmer beweisen, dass Sie nicht fahrlässig gehandelt haben. Ihr Arbeitgeber kann Anhaltspunkte für eine schuldhafte Sportverletzung vorbringen, um die Lohnfortzahlung zu verweigern.
5. Arbeitsunfähigkeit während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses
Ein ruhendes Arbeitsverhältnis tritt in verschiedenen Situationen auf, wie bei Elternzeit oder unbezahltem Urlaub. In diesen Fällen pausieren die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Das bedeutet, der Arbeitnehmer muss keine Arbeitsleistung erbringen und der Arbeitgeber keine Vergütung zahlen.
Auswirkungen auf die Lohnfortzahlung
Während des ruhenden Arbeitsverhältnisses besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Erkrankt ein Arbeitnehmer in der Elternzeit oder während eines unbezahlten Urlaubs, hat dies keine Auswirkungen auf die Entgeltfortzahlung. Die Arbeitsunfähigkeit während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zählt nicht in die übliche 6-Wochenfrist der Entgeltfortzahlung.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Regelung nicht für alle Fälle des ruhenden Arbeitsverhältnisses gilt. Bei Arbeitskämpfen wie Streiks oder Aussperrungen gelten andere Bestimmungen.
Situation | Lohnfortzahlung | Zählt zur 6-Wochenfrist |
---|---|---|
Elternzeit | Nein | Nein |
Unbezahlter Urlaub | Nein | Nein |
Wehrübungen | Nein | Nein |
Streik/Aussperrung | Besondere Regelungen | Ja |
Für Arbeitnehmer ist es ratsam, sich vor Beginn einer Elternzeit oder eines unbezahlten Urlaubs über die Auswirkungen auf ihre Ansprüche zu informieren. So können Sie Ihre Rechte und Pflichten besser verstehen und finanzielle Risiken im Krankheitsfall minimieren.
Fazit: Ihre Rechte und Pflichten bei der Lohnfortzahlung im Überblick
Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist ein wichtiges Arbeitnehmerrecht in Deutschland. Seit 1994 haben alle Arbeitnehmer einheitlich Anspruch auf 100% Entgeltfortzahlung bei Krankheit. Diese Regelung gilt für maximal sechs Wochen pro Krankheitsfall, danach übernimmt die Krankenkasse die Zahlung des Krankengeldes.
Als Arbeitnehmer müssen Sie Ihre Pflichten im Rahmen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) beachten. Dazu gehört, dass Sie Ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich dem Arbeitgeber melden. Seit 2023 rufen Arbeitgeber für gesetzlich Versicherte die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) direkt bei den Krankenkassen ab.
Es gibt Situationen, in denen der Arbeitgeber nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist. Dies trifft zu, wenn Sie die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet haben oder die Meldepflichten nicht einhalten. Bei der Betreuung kranker Kinder gelten besondere Regelungen. Oft ist die Vergütungspflicht nach § 616 BGB ausgeschlossen, aber Sie können Kinderkrankengeld von der Krankenkasse erhalten.
Bei Problemen mit der Lohnfortzahlung sollten Sie sich über Ihre Arbeitnehmerrechte informieren. Im Zweifelsfall kann die Konsultation eines Fachanwalts für Arbeitsrecht hilfreich sein, um Ihre Ansprüche zu klären und durchzusetzen.
Häufig gestellte Fragen
Wann muss der Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten?
Der Arbeitgeber muss in folgenden Fällen keine Lohnfortzahlung leisten: bei selbstverschuldeter Arbeitsunfähigkeit, fehlender ärztlicher Bescheinigung, Arbeitsunfähigkeit in den ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses, Teilnahme an besonders gefährlichen Sportarten und während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses.
Was gilt als selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit?
Selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Krankheit oder seinen Unfall durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursacht hat. Beispiele sind Autounfälle durch grobe Verstöße gegen die Verkehrsordnung oder Verletzungen bei selbst angezettelten körperlichen Auseinandersetzungen.
Welche Pflichten haben Arbeitnehmer bei einer Erkrankung?
Arbeitnehmer müssen dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen. Spätestens am dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit ist eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Der Arbeitgeber kann diese auch früher verlangen.
Ab wann besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?
Der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses. In den ersten vier Wochen der Beschäftigung besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Welche Sportarten können zum Verlust des Anspruchs auf Lohnfortzahlung führen?
Besonders gefährliche Sportarten mit erhöhtem Verletzungsrisiko wie Fallschirmspringen, Freeclimbing oder Motorradrennen können als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden und zum Verlust des Anspruchs auf Lohnfortzahlung führen. Die Bewertung erfolgt im Einzelfall.
Besteht während der Elternzeit oder bei unbezahltem Urlaub Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?
Nein, während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses, beispielsweise in der Elternzeit oder bei unbezahltem Urlaub, besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Was kann ich tun, wenn es Probleme mit der Lohnfortzahlung gibt?
Bei Problemen mit der Lohnfortzahlung empfiehlt es sich, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Im Streitfall kann die Krankenkasse vorübergehend Krankengeld zahlen.
Wie lange muss der Arbeitgeber den Lohn im Krankheitsfall fortzahlen?
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber bis zu sechs Wochen den vollen Lohn zahlen, sofern keine Ausnahmen vorliegen.